Wie wir KINGDOM HEARTS Melody of Memory geschaffen haben

Masanobu Suzui, der Co-Director des Spiels und Gründer des Studios indieszero, spricht über die Bandbreite von Erfahrungen, die man bei der Entwicklung eines Rhythmus-Actionspiels macht.
Von Masanobu Suzui

Ein Hallo an alle Leser! Hier ist Masanobu Suzui, der Co-Director von KINGDOM HEARTS Melody of Memory.

Als wir die Chance bekamen, ein Rhythmus-Actionspiel auf Basis von KINGDOM HEARTS zu entwickeln, waren wir wie elektrisiert! Wir sind riesige Fans der Spieleserie, es war also unheimlich aufregend, die Möglichkeit zu bekommen, unsere Lieblingsmomente aus der Vergangenheit erneut zu erleben und gleichzeitig nach vorne in die Zukunft zu blicken.

Aber ein Rhythmus-Actionspiel zu machen, ist keine einfache Aufgabe, sondern ein kompliziertes Projekt, wo selbst kleinste Details einen gewaltigen Unterschied ausmachen können. Ich will euch gerne zeigen, was ich damit meine - also lasst uns gemeinsam hinter die Kulissen der Entwicklung blicken und die vielen Entscheidungen unter die Lupe nehmen, die das Spiel letztlich Wirklichkeit haben werden lassen.

Die Wahl der richtigen Musikstücke

Wenn man ein Rhythmus-Actionspiel entwickelt, dann gehört die Wahl der Musikstücke zu den ersten Dingen, über die man nachdenken muss. Aber zu entscheiden, welche Stücke in Melody of Memory sein sollten, war eine besonders knifflige Herausforderung. Schließlich gibt es in der KINGDOM HEARTS-Serie eine ausgesprochen große Menge an Musik - wir reden hier über 600 Stücke, vielleicht sogar 700, wenn man die jüngsten Veröffentlichungen miteinbezieht.

Gleich zu Anfang der Entwicklung machten wir eine Liste all der verschiedenartigen Musik, die in den zahlreichen Spiele vorkommt. Dann sammelten wir alle Arten von Informationen, die uns helfen sollten, die Songs zu identifizieren, die bei den Spielern einen besonders starken Eindruck hinterlassen hatten.

Wir sahen uns zum Beispiel an, welche Musik auf der letzten "KINGDOM HEARTS Orchestra -World of Tres"-Tour gespielt wurde, und für welche Tracks die Fans bei Abstimmungen über ihre Lieblingsstücke am häufigsten votiert hatten. Wir sammelten und studierten alle Arten von Daten und konnten so viele der Songs herausarbeiten, bei denen wir sicher sein konnten, dass sie die Leute wirklich toll finden.

Allerdings war die Weltenreise das Spielelement, das die Songauswahl erst richtig in den Fokus rückte. Die Kernthematik dieses Modus ist, dass die Spieler über die Musik die KINGDOM HEARTS-Reihe wiedererleben sollen. Also sorgten wir dafür, möglichst viele Stücke von wichtigen und denkwürdigen Szene zu implementieren.

Unsere Überlegungen erlaubten uns, die Song-Liste zusammenzustreichen, aber als es dann an die endgültige Auswahl ging, kamen noch andere Faktoren mit ins Spiel - einige waren technischer, andere emotionaler Natur.

Beispielsweise hatten einige der Entwickler starke Empfindungen für bestimmte Spiele oder Szenen und wollten diese in unserem Titel repräsentiert wissen. Außerdem gab es den sehnlichen Wunsch, das Ganze richtig gut hinzubekommen - wir wählten die Stücke, von denen wir wussten, dass wir mit ihnen die beste Arbeit abliefern konnten.

Nicht zu vergessen: Wir arbeiteten ja an einem Rhythmus-Actionspiel, also hatte auch der Rhythmus und das Tempo des Stücks entscheidende Bedeutung in unseren Überlegungen.

Diese Entscheidungen fielen uns nicht leicht - wir sind alle große KINGDOM HEARTS-Fans, es wurde also jede Menge diskutiert. Aber ich zufrieden mit dem finalen Mix, er spiegelt die Breite der Musik in der Serie wider und fördert bei Spielern hoffentlich glückliche Erinnerungen zutage.

Die Suche nach dem KINGDOM HEARTS-Aroma

Wo wir nun unsere Track-Liste zusammengestellt hatten, mussten wir die Gameplay-Mechaniken entwickeln, die den Spielern erlauben, auf spaßige und motivierende Weise mit der Musik zu interagieren.

Vom Start weg wussten wir, dass wir das Geschwindigkeitsgefühl und die satte Action der originalen KINGDOM HEARTS-Spiele mit dem Rhythmus-Action-Genre kombinieren wollten, und wir prüften über 20 verschiedene Systeme und Möglichkeiten, wie sich das Spiel spielen lassen könnte.

Ein früher Prototyp besaß Noten, die dem Spieler auf einer Partitur entgegenkamen - eine Art der Präsentation, wie sie oft in Rhythmusspielen Verwendung findet. Im Hintergrund tauchten 3D-Modelle von Sora und den Gegnern auf und bewegten sich anhand der Genauigkeit der verschiedenen Tasteneingaben des Spielers.

Das war zwar unterhaltsam, aber es fühlte sich nicht so an, als würde es der Serie gerecht werden. Die KINGDOM HEARTS-Titel lassen die Spieler auf ihren Abenteuern durch verschiedene Welten laufen, wobei es einen nahtlosen Übergang zu Kämpfen mit den unterschiedlichsten Gegnern gibt. Und nachdem sich KINGDOM HEARTS Melody of Memory darum dreht, diese Erfahrung in einer Art "verarbeiteten" Version neu zu erschaffen, wollten wir dasselbe Feeling einfangen und die Erinnerungen an diese Spiele wiederbeleben.

Nach weiteren Experimenten endeten wir bei einem Konzept, in dem Sora und die anderen Charaktere oberhalb verschiedener Welten eine Notenzeile entlang laufen und dabei kämpfen. Das fühlte sich sehr nach KINGDOM HEARTS an und - ebenso wichtig - es machte Spaß!

Die Herausforderung war nun, das Ganze visuell interessant und einfach verständlich zu machen. Und wie ihr gleich erfahren werdet, mussten wir jede Menge Dinge beachten, um diese Vorgaben vernünftig umzusetzen.

Der Bau der Stufen

Im Gegensatz zu vielen anderen Rhythmus-Actionspielen, die oft ein sehr einfaches Bildschirm-Layout besitzen, liefert KINGDOM HEARTS Melody of Memory eine Menge Informationen über das Spieluniversum - es verfügt beispielsweise über unterschiedliche Teammitglieder, vielfältige Gegner, Hintergrundmodelle für die jeweilige Welt und all die Effekte der Originalspiele.

Das waren alles essentielle Elemente, um die KINGDOM HEARTS-Atmosphäre nachzubilden. Aber wir mussten auch dafür sorgen, dass Spieler die Eingaben schnell wahrnehmen konnten. Wir testeten das Spiel immer und immer wieder, verbesserten fortlaufend die Kamera sowie Positionierung von Gegnern und Hintergrundmodellen, um das Feeling richtig hinzubekommen.

Wir achteten sehr darauf, keinen zu komplizierten oder verwinkelten Weg abzustecken, weil das die Spieler abgelenkt und es ihnen schwer gemacht hätte, sich auf die Eingaben zu konzentrieren. Aus demselben Grund sorgten wir dafür, die Kamera selbst an die leichtesten Richtungswechsel anzupassen.

Die richtige Optik

In puncto Visualisierung wägten wir sorgfältig Dinge ab wie den Farbkontrast zwischen Gegnern und Hintergrund - der Spieler musste die Informationen leicht aufnehmen und verarbeiten können.

Wir haben viel Zeit darauf verwendet, uns in die visuellen Details des Spiels zu verbeißen, weil sie wirklich wichtig sind! Jedes einzelne Element einer Stufe kann einen Einfluss auf ihre Lesbarkeit haben, und wir arbeiteten hart daran, dafür zu sorgen, dass alle Elemente im Verbund funktionierten.

Beispielsweise investierten wir eine ordentliche Menge Zeit darauf, herauszufinden, wie viele Sekunden im Voraus die Gegner am besten erscheinen sollten. Wir wollten ein Raumgefühl schaffen, aber die Spieler nicht mit Eingaben überraschen, die für sie unvorhersehbar sind.

Zusätzlich mussten wir die richtige Stärke der Schatten von Gegnern bestimmen, die sich von oben auf den Kurs fallen lassen. Sie mussten deutlich genug sein, damit die Spieler sie registrieren, aber sie mussten auch den visuellen Stil der KINGDOM HEARTS-Serie beibehalten - besonders das erforderte eine Menge Feinarbeit.

Schließlich überlegten wir sorgfältig, welche Bereiche des Bildschirms wir bei der Darstellung der Timing-Anzeige priorisieren sollten. Überlappende Kreise geben Spielern einen visuellen Hinweis, wann sie eine Taste drücken sollen - sie sind sehr wichtig, weil sie im Gleichklang mit der Musik funktionieren, um Spielern zu helfen, verlässlich den richtigen Beat zu treffen.

Nachdem die Standardkampf-Stufen in Melody of Memory in einer 3D-Umgebung stattfinden, musste äußerst viel experimentiert und verfeinert werden, um sie an Orten zu platzieren, die beste Sichtbarkeit liefern, ohne einen unnatürlichen Eindruck zu hinterlassen.

Ein paar Takte über Timing

Das Timing war eines der wichtigsten Puzzlestücke. Das Timing ist ein Element, welches das Spiel toll oder furchtbar macht, und daher haben wir einen gewaltigen Fokus darauf gelegt.

Jede Stufe im Spiel ist bis ins kleinste Detail von Hand gefertigt. Wir haben die Standorte der Gegner unglaublich genau angepasst, ebenso die gesamte Balance, basierend auf den Bewegungen des Kurses und seiner exakten Krümmung.

Beispielsweise ist das Timing der Sprünge auf den Beat des Tracks angepasst. Wenn sich Spieler also zur richtigen Zeit in die Luft schwingen, dann sollten sie sich als Teil des Rhythmus fühlen. Selbst kleine Details wie die Zeit, die man nach einem Sprung in der Luft verbringt, ist an das spezifische Timing der Stufe angepasst, variiert also bei den Musikstücken.

Eine Frage der Schwierigkeit

Dieses auf einzelne Stufen zugeschnittene Design unterscheidet KINGDOM HEARTS Melody of Memory von anderen Rhythmus-Actionspielen. Viele Titel im Genre erlauben den Spielern, die Geschwindigkeit der Noten oder Eingaben einzustellen. Allgemein gesprochen sorgt die Erhöhung des Tempos für größere Lücken zwischen individuellen Noten, was fortgeschrittenen Spielern erlaubt, die Sequenz klarer wahrzunehmen und fortlaufend zu spielen - auch wenn sich die Noten-Dichte erhöht.

In KINGDOM HEARTS Melody of Memory wurde dieses Feature nicht implementiert, was auch wegen des präzisen Timings jeder einzelnen Stufe auch gar nicht möglich war. Jegliche Veränderung des Tempos hätte dazu geführt, dass die Platzierungen nicht mehr synchron gewesen wären - und das ist natürlich ein bisschen ein Problem für ein Rhythmusspiel, oder?

Das bedeutete, dass jede einzelne Schwierigkeitsstufe für jeden Track minuziös an die Hintergrundoptiken und die Kursbewegungen zu jedem einzelnen Zeitpunkt angepasst werden musste.

Vor allem die Notensequenzen für den härtesten Schwierigkeitsgrad "Profi" wurden immer und immer wieder verfeinert. Wir stellten sicher, dass jede Gegnerplatzierung herausfordernd ist, sich das Ganze aber immer noch visuell - mit zusätzlicher Führung durch die Musik - steuern lässt. Und das taten wir, ohne die Möglichkeit zu haben, einfach die Geschwindigkeit der Noten zu ändern.

Natürlich konzentrierten wir uns nicht nur auf den Profi-Modus, auch "Normal" und "Anfänger" bieten einzigartige und unterhaltsame Notensequenzen. Unser generelles Ziel war, dass Spieler die Herausforderungsstufe wählen sollten, die zu ihrem Geschick in Rhythmusspielen passt. So können sie immer und immer wieder ihre Lieblingsstücke spielen, ohne sich zu sehr auf ihre Punktezahl konzentrieren zu müssen.


Ihr seht also: Ein Rhythmus-Actionspiel zu machen, ist eine komplizierte Sache. Man muss so viele Dinge beachten - von den Grafiken bis zum Timing. Und alles muss immer wieder getestet und verfeinert werden, damit das Spiel so viel Spaß wie möglich macht.

Ich bin sehr zufrieden mit den Stufen in KINGDOM HEARTS Melody of Memory. Ich denke, dass sie ein befriedigendes Spielerlebnis liefern und dabei Erinnerungen an die wundervollen Spiele hervorrufen, die sie inspiriert haben.

Wenn ihr diese Erfahrung selbst machen wollt - das Spiel ist jetzt für PS4, Xbox One und Switch erhältlich. Wir hoffen, ihr habt Spaß damit:

Und VIELEN DANK vom gesamten Entwicklerteam an alle Spieler, die bereits zu ihrem nostalgischen Trip in die Vergangenheit von KINGDOM HEARTS aufgebrochen sind. Eure Reaktionen bedeuten uns viel - hoffentlich verschafft euch dieses Spiel selbst wieder viele glückliche Erinnerungen!

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